Zum Bericht und zur Rolle des „Médiateur“ in Luxemburg

In der öffentlichen Sitzung des 3. Juli 2014 wurden die Berichte 2012 und 2013 des Bürgerbeauftragten, des sogenannten „Médiateur“ (Ombudsman) diskutiert, eine Aufgabe die seit der Pensionierung von Marc Fischbach von Lydie Err ausgeübt wird. Dabei äußerte ich mich zu einigen grundlegenden Punkten über die Rolle des „Médiateur“:

Wichtige Hilfe für Bürger …

Dabei schien es mir allererst notwendig, die Wichtigkeit des „Médiateur“ für die Bürger – die Benutzer der Verwaltung – hervorzuheben. Der „Médiateur“ ist eine wichtige Hilfe für den Bürger und man solle ihm und seinem Personal in diesem Zusammenhang ausdrücklich für die bisher geleistete Arbeit danken. Allerdings ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der „Médiateur“ nicht – wie oft fälschlicherweise angenommen wird – ein Anwalt des Bürgers ist. Er ist weder Richter, noch trifft er Entscheidungen und ist schon gar nicht Ankläger der Verwaltung. Der „Médiateur“ dient dazu, den Dialog zwischen Bürger und Verwaltung zu vereinfachen und Lösungen zu finden, die für beide Seiten annehmbar sind.

… und Verwaltung

Daraus ergibt sich ein zweiter Punkt, der vielleicht nicht immer deutlich genug zum Ausdruck kommt: Die Wichtigkeit des „Médiateur“ für die Verwaltungen selbst. Eine Vermittlung in der Art, wie sie ein Luxemburg angewendet wird, ist im Interesse der Verwaltungen und des öffentlichen Dienstes; diese haben ein Interesse daran Lösungen in Konfliktfällen zu finden. Selbst wenn der „Médiateur“ das Recht hat Recherchen zu machen und Ermittlungen anzustellen, so ist er weder Feind noch Ankläger der Verwaltung. Er ist derjenige, der Lösungen für Konflikte sucht. Und die Lösung von Konflikten trägt dazu bei, das Vertrauen in die Verwaltung  zu verstärken.

Im Gegensatz zu der privaten Mediation, die voraussetzt, dass beide Seiten mit einer Vermittlung einverstanden sind, wird in der öffentlichen Mediation die Verwaltung nicht nach ihrer Zustimmung gefragt;  deren Einverständnis ist ein rechtliches Muss. Ob aber alle Staatsverwaltungen sich immer so verhalten, dass sie mit der Mediation einverstanden sind, steht auf einem anderen Blatt. Die Mitarbeit der Verwaltungen bei der Suche nach Lösungen wäre für alle Beteiligten förderlich. Denn meist gründen die Ursachen von Konflikten zwischen Bürger und Verwaltung nämlich nicht einfach auf schlechtem Willen der Verwaltung oder seiner Beamten, oftmals gibt es andere Ursachen, wie beispielswiese in unzureichenden Ressourcen der Verwaltung. Durch den Mangel an Personal, informatischen oder sonstigen Mitteln, kann die Arbeit oder Dienstleistung nicht ordentlich durchgeführt werden. Oft liegt es auch an Fortbildungen, die man gerne gemacht hätte, aber nicht konnte.

Präventive Arbeit

Eine andere Ebene an Konfliktursachen liegt in den Interpretationsmöglichkeiten, die die gesetzlichen Vorschriften bieten. In diesen Situationen ist es wichtig, dass man einen Außenstehenden hat, der das weitere Verfahren oder gar Gesetzesänderungen vorschlagen kann und dessen Vorschläge für beide Seite annehmbar sind – genau das ist die Rolle des „Médiateur“. Der „Médiateur“ ist ermächtigt, Vorschläge zu unterbreiten, die sowohl die Abgeordnetenkammer als auch der Staat und die Verwaltung ernst nehmen sollten, weil sie im Interesse beider Seiten sind. Der Ratschlag des „Médiateur“ kann präventiv wirken, wenn er durch Anpassungen in der Verwaltung künftigen Konflikten vorgreift. Dies ist, so Turpel, eine Basis für das Vertrauen, das die Bürger in den öffentlichen Dienst haben und eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung und die Verbesserung der Qualität öffentlicher Dienstleistungen.

Überhaupt ist es wichtig, Konflikten vorzubeugen. Dabei möchte ich zwei Aspekte hervor streichen. Allererst die Rolle des Personals in der Verwaltung. Dies sind oft Menschen, die viel Erfahrung haben, die wissen wo Probleme liegen und wo Konflikte entstehen können. Sie sind es auch, die Verbesserungsvorschläge haben und die auf fehlende Ressourcen und Unangepasstheiten hinweisen können. Deswegen können bereits im Vorfeld Konflikte vermieden werden, wenn die Anliegen des Personals ernst genommen werden. Ich halte es deswegen für sinnvoll, in den öffentlichen Verwaltungen – sowohl bei den Gemeinden wie auch auf Staatsebene – den Sozialdialog mit demokratisch gewählten Personalvertretungen zu verstärken.

Neben dem Personal muss auch der Bürger selbst als Nutzer der Verwaltung ernst genommen werden. Auch die Rechte der Nutzer gegenüber der Verwaltung müssten verstärkt werden. Es soll eine Partnerschaft zwischen Verwaltung und Bürgern einrichtet werden, die zum Beispiel zusammen das Beschwerderegister abarbeiten und Verbesserungsvorschläge ausarbeiten könnte, um so die öffentlichen Dienstleistungen der Verwaltungen zu optimieren.

Gesetz muss angepasst werden

Nach 10 Jahren Erfahrung mit dem „Médiateur“ ist es ebenfalls wichtig, die Arbeit zu insgesamt zu bilanzieren und das diesbezügliche Gesetz anzupassen. Der momentan auf öffentliche Betriebe beschränkten Kompetenzbereich des „Médiateur“ soll dabei ebenfalls auch auf den privaten Sektor ausgedehnt werde. So kann der „Médiateur“ derzeit in Tagesstätten und Kliniken nur dann Hilfestellung im Konfliktfall leisten, wenn es sich um eine öffentliche Einrichtung und nicht um einen privaten oder privatisierten Betrieb handelt. Dieser Punkt muss überdacht werden; alle öffentliche Dienstleistung sollen unter den Kompetenzbereich des „Médiateur“ fallen, egal ob sie von einem öffentlichen oder privaten Betrieb erbracht wird.

Ein weiterer Punkt, der bei einer Gesetzesänderung verankert werden soll, betrifft das Aufschieben von gerichtlichen Fristen, wenn ein „Médiateur“ eingeschaltet wurde. Derzeit müssten die Bürger oftmals teure Gerichtsverfahren in die Wege leiten, nur damit die vorgeschriebene Frist nicht verstreicht, während sie den „Mediateur“ mit ihrer Angelegenheit betraut haben. Auch der Umgang mit der ärztlichen Schweigepflicht, dem Bankgeheimnis und steuerlicher Geheimhaltung muss zugunsten des „Médiateurs“ überdacht werden. Derzeit gibt es diesbezüglich bereits eine Teillösung, die darin besteht, dass die ärztliche Schweigepflicht dem „Médiateur“ gegenüber nicht zählt, falls ein Bürger ihn mit einer Angelegenheit betraut hat. Dies soll auch auf das Steuer- und Bankgeheimnis ausgedehnt werden.

Auch soll man sich auch über den Begriff  des hiesigen Bürgerbeauftragten – „Médiateur“ oder „Ombudsmann/frau“ – einig werden. Meiner Meinung nach ist der in nordischen Ländern gebräuchliche Begriff „Ombudsmann“ nicht angebracht, da dieser mit anderen Kompetenzen ausgestattet ist. Deswegen ziehe ich weiterhin den etwas komplizierteren Begriff „Médiateur“ vor.

Ein „Verhaltenskodex“ für Verwaltungen

Nicht zuletzt wäre es dringen einen Verhaltenskodex oder Leitfaden bewährter Verwaltungsmethoden für den öffentlichen Dienst und die öffentlichen Bediensteten verbindlich festzuschreiben. Dies wendet sich keineswegs gegen das Personal, sondern ist in dessen Interesse. Daraus ergeben sich nämlich nicht nur Anforderungen an das Personal, sondern auch an die Verwaltung, die die nötigen Mittel zur Verfügung stellen muss, um eine qualitativ hochwertige Dienstleistung erbringen zu können. Das setzt aber voraus, dass die Aufgaben und Ansprüche klar definiert und die Mittel zusammen mit dem Personal festgelegt werden.

Der „Médiateur“ kann in einem bestimmten Bereich nur dann wirksam handeln, wenn er die nötigen, spezifischen Fähigkeiten dazu hat. Im Gesundheitsbereich beispielsweise wären neben juristischen auch medizinische Kenntnisse zur Konfliktlösung erfordert. Deshalb sollen in diesen Bereichen entsprechende Fachkräfte zur Meditation herangezogen werden.

Gutachten des „Médiateur“ mehr Aufmerksamkeit zollen

Einige dieser Anpassungen müssen durch eine Reform des Gesetzes vorgenommen werden; andere wiederum brauchen bloß ein bisschen guten Willen auch umgesetzt zu werden. Dazu gehört auch, der Sachkenntnis und dem Gutachten des „Médiateur“ in den parlamentarischen Kommissionen mehr Gewicht zu verleihen. Derzeit werden Verwaltungen ausgiebig angehört, während die Meinung des „Médiateur“ zu kurz kommt. Er sollte jederzeit ein Recht auf Stellungnahme oder Anhörung bekommen.

Auch soll das Recht des Bürgers auf Mediation in der Verfassung selbst verankert werden.

Bei meiner Stellungnahme im Parlament wies ich auch die Andeutung der CSV (Félix Eischen) zurück, dass die Bürger immer weniger zu beanstanden hätten und deswegen ein „Médiateur“ nicht mehr unverzichtbar sei. Die bisherige Arbeit des „Médiateur“ ist sehr effektiv. Die meisten Lösungen von Konflikte bringen mit sich, dass künftigen Konflikte vorgebeugt oder aber schneller aus dem Weg geräumt werden.

Da die Berichte des „Médiateur“ in der Petitionskommission und im Parlament nur diskutiert werden, aber keine Abstimmung stattfindet, ist es umso wichtiger, die angeführten Punkte in der Kommission weiter zu verfolgen und auf deren Umsetzung zu pochen.

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