Ende der Märchenstunde: Prekarisierung schafft keine Arbeitsplätze!

Die Arbeitslosigkeit hat in Luxemburg ein bisher nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Als deren Ursache  nannte Arbeitsminister Nicolas Schmit gestern die zunehmende Zahl der Leiharbeiter beziehungsweise der Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen, die zum Sommerbeginn in die Arbeitslosigkeit entlassen würden. Damit ist offiziell bestätigt, dass Flexibilisierung und Prekarisierung, wie die Unternehmerverbände sie fordern, keine Arbeitsplätze schaffen!

Das Gegenteil ist der Fall: Leiharbeit und Zeitverträge führen dazu, dass Arbeitsplätze unsicher und Beschäftigte schneller entlassen werden. Die Unternehmerverbände wissen, warum sie für mehr Flexibilität im Arbeitsrecht eintreten, denn es erlaubt ihnen, sich „überschüssigem Personal“ auf einfache Weise zu entledigen. Dass so – im Gegenteil zu dem, was sie immer wieder behaupten – keine Arbeitsplätze geschaffen werden, ist ihnen seit langem klar; ihr primäres Ziel jedoch bleibt es, höhere Gewinne zu erwirtschaften.

Es ist zu bezweifeln, dass die politischen Parteien sich dieser Tatsache bewusst sind. Würden sie ansonsten dem Sirenengesang der Unternehmer weiter folgen?  Wie die DP, die „sämtliche Bestimmungen des geltenden Arbeitsrechts – insbesondere mit Blick auf die Konkurrenz aus der Großregion und aus den anderen EU-Mitgliedstaaten – einer grundlegenden Analyse unterziehen will“ um diese „im Hinblick auf mehr Flexibilität“ anzupassen, oder die CSV, die durch „Flexikurität“ „sowohl Flexibilität als auch Sicherheit schaffen“ will? Auch die LSAP – und vor allem ihr Spitzenkandidat – ist dem Unternehmerargument nach „administrativer Vereinfachung“ und „mehr Flexibilität im Arbeitsrecht“ wohl gesinnt. In diesem Zusammenhang würden die 21 Empfehlungen, die Etienne Schneider Premierminister Jean-Claude Juncker zukommen ließ, und die bisher geheim gehalten werden (!), wohl interessieren…

Auch wenn Flexibilität und Prekarisierung zur Unsicherheit von Arbeitsplätzen und Vereinfachung von Entlassungen beitragen, darf nicht angenommen werden, dies sei der einzige Grund für die hohe Arbeitslosenzahl. Vielmehr liegt die wesentliche Ursache in der tiefen Strukturkrise  und der Suche nach Optimierung fallender Profitraten; das größte Hindernis bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ist die Macht der Unternehmer, die sich einer besseren Verteilung von Einkommen und Arbeit versperren. Darüber kann Nicolas Schmit, der an diesen Machtverhältnissen nichts ändern will, mit seiner gestrigen Aussage nicht hinweg täuschen.

Und dennoch: im Kampf gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit sind das Einschränken von Zeitverträgen, das Unterbinden von Leiharbeit und das Stärken des Arbeitsrechts unumgänglich! Weshalb setzt sich (Noch)Arbeitsminister Schmit nicht dafür ein? Und aus welchen Gründen verschweigt uns der LSAP-Spitzenkandidat Schneider seine „21 Vorschläge zur Steigerung der Kompetitivität der Wirtschaft“?

Justin TURPEL, 29. August 2013

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